Staatskundetag, Teil 2: Impressionen aus dem Nationalrat
Während wir brav und schweigend den Worten unseres Bundesrates lauschen wollen, erschallt von unten aus dem altehrwürdigen Saal des Nationalrats das pausenlose Gemurmel der Repräsentanten des Volkes. Beat Jans hält eine Rede, die kaum bis zu uns auf die Zuschauertribüne durchzudringen vermag. Man geht raus, kommt rein, hält ein Schwätzchen mit dem Kollegen aus der eigenen Fraktion, diskutiert angeregt mit Kontrahenten anderer Parteien. Andere arbeiten, bereiten ihre Geschäfte vor, Und irgendwann erklingt dann doch ein zartes Glöcklein, das zu etwas mehr Ruhe anregen soll – ohne jedoch gross Eindruck zu hinterlassen. Was soll das?
Immer wieder erzeugt der Trubel im Nationalratssaal Verwunderung – und doch funktioniert genau so der Betrieb. Die Inhalte sind schon seit Langem klar, die Meinungen gemacht. Man kennt sich, weiss von den verschiedenen Positionen. Man macht anderes. Die Nationalrätinnen und -Räte arbeiten. Bei manchen ist die Arbeitsfläche aufgeräumt, bei anderen sieht es aus wie auf Rüeggers Bürotisch. Man bereitet die Geschäfte und Stellungnahmen vor, rüstet sich für Kommissionssitzungen und Interviews. Und tauscht sich aus.
Warum also werden überhaupt noch Reden gehalten?
Die Reden und Voten werden aufgezeichnet und protokolliert, sie sind integraler Bestandteil des Entstehungsprozesses eines Gesetzes – und dafür ist die Legislative schliesslich da: um Gesetze zu machen. Die Wortmeldungen haben juristische Relevanz.
Zudem darf nicht vergessen werden, dass der virtuelle Zuschauer immer auch mit im Saal sitzt. die Sessionen werden live übertragen, das Fernsehen berichtet in der Tagesschau. Das Geschehen im Nationalratssaal hat also auch grosse Bedeutung für die vierte Gewalt – die Medien, die als Kontrollinstanz wirken.
Und dennoch ist es bewundernswert, dass Reden gehalten werden können, während diese beim Präsenzpublikum kaum Gehör finden. Wie von einem anderen Stern wirkt dann die Kleine Kammer: Der Ständeratssaal kommt einer Oase des Friedens gleich …
Wie Kommunikation auch noch aussehen kann, erfahren wir im Anschluss im sehr empfehlenswerten Museum für Kommunikation.
Bei aller Konkordanz, das politische Bern ist auch ein Ort der Kontraste. Und das ist gut so.
Rg